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Hilfe, mein Hund frisst Gras - ist das gefährlich? fragt sich mancher Hundebesitzer. Zunächst einmal nein: denn wenn ein Hund hin und wieder Gras frisst, ist das erst einmal ganz natürlich und kein Grund zur Beunruhigung. Viele Hunde machen das. Grasfressen ist also beim Hund normal. Erst wenn die Aufnahme des Grases wirklich auffällig überhand nimmt ... 'Mein Hund frisst Gras wie eine Kuh ... oder büschelweise wie ein Rasenmäher ...' - oder heftige Folgen wie häufiges Erbrechen auftreten, ist das ein Grund der Grasaufnahme genauer auf den Grund zu gehen und auch den Hund dem Tierarzt vorzustellen. Neben physischen Ursachen können auch psychologische Gründe wie zum Beispiel eine Übersprungshandlung aufgrund von Stress die Grasaufnahme als eine Folge haben.

 

 

NOTFALL-CHECKLISTE : Hund frisst Gras

Grasfresserei ist für viele unserer Hunde eine vergnügliche Tätigkeit wie für manches Frauchen und Herrchen das Knabbern von Salzstangen zum Spielfilm am Sonntagabend. In beides sollten wir wohl physiologisch, ernährungswissenschaftlich und psychologisch nicht zu viel hinein interpretieren. Ausser es nimmt überhand. Bei Frauchen, Herrchen und Hund.

 

 

 

Info: Soll man den Hund Gras fressen lassen oder sollte man das besser unterbinden? Klares Ja - lassen Sie ihn Gras fressen, wenn er will. Von besonders intensiv genutzten Agrarflächen, zum Beispiel am Rand von Weizen- oder Maisfelder, sollten sie ihren Hund jedoch abrufen. Denn hier können Dünger, Herbizide, Insektizide, etc. gerade am Feldrand konzentriert sein, wenn der Bauer beim Ausbringen der Agrarchemie mit seinem Traktor anhält oder wendet. Lassen Sie hier den Hund kein Gras fressen und schon gar nicht aus Pfützen trinken. Weitere Details siehe -> Vergiftungen

A. AUSGANGSLAGE

  • die meisten Hunde fressen immer wieder mal Gras
  • während der eine Hund Gras genießerisch und nur als einzelne Halmspitzen nimmt, grast ein anderer regelrecht ganze Grasbüschel ab und schlingt diese hinunter, manchmal noch mit Erde
  • der Hundehalter fragt sich dabei, was ist der Grund für dieses Verhalten - wann ist das normale Maß beim Grasfressen überschritten
  • nach wissenschaftlichen Studien nehmen etwa 90% aller Hunde zumindest zeitweise auch einmal Gras auf (Quellen s.u.)
  • unter den Grasarten werden dabei besonders die Süßgräser und darunter die sogenannten Quecken (lat. Elymus) bevorzugt, diese wachsen häufig staudenartig am Wegrand und an Zäunen
  • manche Hunde erbrechen sich danach und würgen das verschlungene Gras eingepackt in Schleim wieder aus
  • bei manchen ist auch weißer Schaum oder gelber Schleim (Galle) im Erbrochenen
  • wenn der Hund einen Grashalm zu hastig schluckt und sogar in die Atemwege bekommt, kann das seine Atmung stark behindern, weitere Details siehe  -> Erstickungsanfall

 

A.1 HINTERGRUND-INFOS

  • auch die Wölfe nehmen Gras auf - der Hund hat also das Grasfressen bereits in seinen Genen vom Wolf geerbt - der eine Hund mehr, der andere weniger
  • Hunde-Welpen übernehmen das Grasfressen auch von der Mutter, wenn sie ihnen das vormacht - sie gucken es sozusagen von der Mutter ab und werden quasi damit sozialisiert
  • Grasfresserei ist also für den Hund etwas ganz normales - man sollte also mit dem Grasfresser auf keinen Fall schimpfen

 

Info: Das Raubtier Hund frisst Pflanzen? Mancher wundert sich darüber - wenn ein Fleischfresser auch Pflanzliches frisst - doch diese haarscharfe lupenreine Trennung bei der Ernährung von Fleischfressern (Carnivore) und gelegentlicher Pflanzenaufnahme gibt es beim Hund zumindest nicht. Manche Hunde fressen gerne vom Baum heruntergefallene Äpfel, manche 'pflücken' Erdbeeren, manche Knacken sogar Walnüsse und die meisten fressen hin und wieder auch mal Gras. Das ist also kein Grund zu Beunruhigung.

B. URSACHEN DES GRASFRESSENS

Warum fressen Hunde Gras? Eine wissenschaftlich eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung (Kausalität) ist beim Grasfressen von Hunden noch immer nicht bekannt. Deshalb gibt es viele Vermutungen. Die einfachste mögliche Ursache vorneweg: weil es ihm schmeckt. Manche Hunde mögen einfach hin und wieder den Geschmack eines Grashalmes - wie bei uns Menschen mancher gerne mal ein Salzstange knabbert - einfach so ... ohne physiologische oder tiefenpsychologische Hintergründe,

 

B.1. Vermutete Ursachen aus der Ernährung:

  • Nährstoffmangel, insbesondere Aufnahme der im Gras enthaltenen Folsäure
  • Mangel an Ballaststoffen, Deckung von Faserbedarf
  • ungenügende Sättigung bei der normalen Nahrungsaufnahme, also Hunger
  • Verdauungsprobleme
  • Vitaminmangel
  • Mangel an Mineralstoffen
  • instinkt-gesteuertes Grasfressen insbesondere zur Aufnahme der Bitterstoffe (Folsäure) als Heilmittel gegen Magenverstimmungen, Blähungen und unverträgliche Nahrungsmittel

 

Info: Grasfressen als Bauernregel - ein Zeichen für Regen? Manche Menschen glauben tatsächlich - dass ihr Hund vor Regen besonders viel Gras frisst. Es gibt aber keinen wissenschaftlichen Beleg für einen Zusammenhang aus der Grasaufnahme von Hunden und Wetterereignissen.

 

B.2. Vermutete Ursachen im physiologischen Bereich:

  • Fremdkörper im Verdauungsbereich
  • Aufnahme von Gras zur Reinigung des Magen und Darm
  • möglicherweise Innenparasiten bzw. Wurmbefall im Darmbereich
  • Grasfressen um einen Brechreiz auszulösen (z.B. nach einem unverträglichen Futter)
  • Gastritis
  • übersäuerter Magen (zu viel Magensäure)
  • mechanisches Auslösen eines Brechreizes durch Herunterschlucken ganzer Grashalme - Würgereflex im Rachen, Hals, Speiseröhrenbereich mit anschliessendem Erbrechen des Mageninhalts
  • organische Probleme wie eine Leber- oder Nierenschwäche
  • Unterstützung bei der Ausscheidung von verschluckten Fremdkörpern aus dem Magen-Darm-Bereich, siehe auch -> verschluckte Fremdkörper
  • Unterstützung beim Herauswürgen von beim Lecken des eigenen Fells heruntergeschluckten Haaren, Gewölle, Haaransammlungen im Magenbereich
  • Aufnahme von Grundstoffen über Pflanzen und insbesondere das Gras, die zur Bildung von hundeeigenen Duftstoffen dienen

 

Info: Grasfressen zum Abbau von Stress. Hundebegegnungen und andere stressige Situationen können Übersprungshandlungen auslösen. Manchem Hund hilft in dieser Situation dann einfach, wenn er sich durch das Knabbern eines Grashalmes ablenkt. Grasfressen enspannt - wie überhaupt Fressen beruhigen kann. Schon der kleine Welpe kann das in seinem Rudel bei Frauchen und Herrchen beobachten, wenn in der angespannten Ruhe beim TV-Krimi nur die Salzstangen zwischen den Zähnen knirschen. Wir erkennen uns im Hund: knabbern entspannt.

 

B.3. Vermutete Ursachen aus dem psychologischen Bereich:

  • Stress-Verhalten
  • Langeweile
  • Übersprungshandlung, also eine Ersatzhandlung zu einem anderen Verhalten
  • Grasfressen um Duftstoffe aufzunehmen, die von anderen Hunden hier zur Markierung hinterlassen wurden

 

C. FOLGEN

  • unverdaute Grashalme kommen beim Kot absetzen wieder heraus
  • möglicherweise bleiben diese dann am After hängen und ragen heraus
  • wenn der Hund viel und häufig Gras frisst, kann sich der Kot wie in Perlenketten ausformen, verbunden durch die unverdauten Grashalme
  • unverdaute Grashalme können aufgrund ihrer Länge hinten am Po halb drin, halb draussen herausragen. Niemals mit Gewalt aus dem Po hängende Gras-Halme heraus ziehen! Es besteht Schnittgefahr mit der scharfen Grashalmkante in den Darm bzw. Anus zu schneiden - weites s.u. unter Maßnahmen
  • Verdauungsprobleme, wenn der Hund besonders viel Gras frisst, evtl. verlässt das Gras den Darm umhüllt mit Schleim, siehe auch -> Durchfall
  • der Hund erbricht das gefressene Gras wieder
  • häufiges bis zu regelmäßigem Erbrechen (zum Tierarzt!)

 

D. MASSNAHMEN

  • wenn der Hund zu viel oder zu häufig Gras aufnimmt, den Hund und die gesamten Umstände gut beobachten (evtl. als Tagebuch zur Information des Tierarztes)
  • den Hund nur an Stellen das Gras aufnehmen lassen, an denen keine Insektizide und Herbizide gespritzt werden (zum Beispiel nicht direkt neben einem Weizenfeld)
  • bei vermutetem Stress als Ursache, wenn möglich Stress-Faktoren reduzieren und -> Entspannungstraining
  • wenn der Hund massiv Gras büschelweise hinunterschlingt, ihn abrufen oder evtl. an die Leine nehmen (das übermäßige Grasfressen mit dem Tierarzt besprechen)
  • lange, unverdautete Grashalme können hinten am After aus dem Po herausragen - aber (!) mit der anderen Hälfte je nach Länge des Halms noch weit im Darm stecken. Auf keinen Fall grob herausziehen! Je nach Grasart besteht ernsthafte Schnittgefahr im Darmbereich. Wenn sich der Hund daran quält, den aus dem Po herausstehenden Grashalm ganz sachte mit einem Tempo vorsichtigst herausziehen. Im Zweifelsfall zum Tierarzt!

 

E. WANN ZUM TIERARZT ?

  • wenn der Hund ständig Gras frisst und zum scheinbar manischen Grasfresser wird
  • wenn der Hund große Mengen Gras frisst und dabei seine normale Futteraufnahme reduziert
  • wenn das Erbrechen des Hundes nach dem Grasfressen nicht aufhören will
  • wenn Blut im Erbrochenen ist
  • wenn Blut im Stuhlgang ist
  • wenn der Kot mit Schleim überzogen Kot ist, liegt möglicherweise eine Entzündung im Verdauungstrakt vor (Dünndarmentzündung, Dickdarmentzündung), weitere Infos siehe auch -> Durchfall beim Hund
  • wenn es andere Krankheitszeichen wie Fieber, Abgeschlagenheit, etc. gibt
  • wenn der Hund keinen Kot mehr absetzen kann - insbesondere bei büschelweise Grasfressern ein Hinweis auf einen lebensgefährlichen Darmverschluss. Der Hund kann das gefressene Gras nicht wirklich verdauen - wenn er es weder erbrechen noch ausscheiden kann und er keinen Kot mehr absetzt ist dringend der Weg zum Tierarzt anzeigt.
  • wenn lange, unverdaute Grashalme am After aus dem Po herausragen, nicht von selbst heraus kommen - und sich auch nicht mit ganz sachtem Zug (!) leicht entfernen lassen, dann besser zum Tierarzt

 

F. WEITERE HINWEISE

 

F.1 Hausmittel bei übermäßigem Grasfressen

  • sofern kein Hinweis auf die Notwendigkeit eines Tierarzt-Besuchs besteht, kann man es auch einmal mit Hausmitteln versuchen
  • wenn der Hund bisher eine Einmal-Fütterung am Tag hatte, auf zwei oder dreimal umstellen
  • Heilerde (aus der Drogerie oder Apotheke)
  • Futterumstellung, evtl. Barfen

 

 

 

F.2 Quellen u.a.

  • Wissenschaftliche Untersuchung zum Grasfressen beim Hund durch das Institut für Tierernährung an der Tierärztlichen Hochschule, Hannover, 1982, an über 600 Hunden.

 

 

     

     

    G. DOKUMENTEN-HISTORIE

     

     

     

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